top of page

Die letzte Restaurierung

Wenn es passt, hast du nicht an einer Moto Guzzi geschraubt!

Während die Mechanik in perfektem Zustand war, ließ die Optik arg zu wünschen über. Eis, Regen, Schnee, Salz, Stürze und vieles mehr gesellte sich zur Patina von fast einem halben Jahrhundert. Poröse Gummis, korrodierte Stecker, blühendes Leichtmetall und Rost in so mancher Ecke mussten weichen. Wo es keinen Nachschub an Ersatzteilen mehr gab, musste improvisiert werden. Manche Teile, die ich nur mit dem Vorschlaghammer auseinander bekam (Späßchen), mussten nachgearbeitet werden, damit sie später wieder geschmeidig ineinander griffen. Andere Dinge habe ich eher logisch statt nach Handbuch zusammengebaut. Zum Beispiel habe ich den Minuspol der Batterie mit dem metallenem Getriebe verbunden, statt mit dem lackierten Rahmen. Damit waren gleich eine Handvoll elektrischer Wunder behoben. Die Batterie steht jetzt andersherum als zuvor. So what?

Zum Aufarbeiten gehört auch, nicht betroffene Teile zu schützen. Klebearbeiten sind echte Zeitfresser, aber nötig. 

Jedes Einzelteil, jede Ritze Kante und Fläche muss bearbeitet werden.

Die liebe Tochter übernimmt die Designarbeiten, für die man Geduld und eine ruhige Hand braucht.

Here are some pictures before and after the renovation:

Die Front macht einen passablen Eindruck - dachte ich. Die Tücke lag aber im Detail. Ein Blinker passte wegen eines Sturzes nicht mehr richtig in die Front, das Windschild war verspannt weil die Bohrlöcher nicht richtig passten (ab Werk?).

Beim Scheinwerfer war das umgebene Moosgummi weggefault und der Rahmen verrostet.

Gabel1.jpg

Die Oberfläche der Gabel ähnelte einer Mondlandschaft. Jahrzehnte an Steinschlägen hatten ihre Spuren hinterlassen. Mit einem Minipinselchen, Füller und stundenlanger Geduld kriegt man jeden Krater weg!

Gabel2.jpg
Gabel11.jpg

Boah! Welcher Depp hat denn Rallystreifen auf das Schutzblech geklebt? Die sind nach all den Jahren ja fest mit dem Lack verbunden! 

Ach so, das war ich selbst. (Verknotete Finger, Blick nach unten, verschämtes Lächeln: "Naja... eine Jugendsünde halt...")

 

Zur Strafe hieß es stundenlanges Abpiddeln und mühselig Klebereste entfernen. Furchtbar!

Gut, dass ich die Jugend hinter mich gelassen habe und nun vernünftig geworden bin.

(Ähem...).  

Gabel22.jpg
Tank1.jpg

Okay, die Rallystreifen, kennen wir ja schon. Ächz!

 

Das Scharnier des Tankverschlusses bestand aus einer abenteuerlichen Mischung aus Rost und Fett, konnte aber in mehreren Anläufen aufgearbeitet werden.

 

Das Moto Guzzi Emblem aus Kunststoff musste ab. Aber wie? Es war auf jeden Fall nicht direkt aufgeklebt. Niemand ahnte, dass der Tank unter dem Emblem geschickt eingebeult war. Über die Beule waren 2 Halter angeschweißt. In jedem Halter gab es ein Loch, in dass die Stifte, die auf der Rückseite des Emblems angebracht waren, durchgesteckt und festgeklebt waren.

Typischer Fall von "Nachher ist man schlauer". Aber bis dahin hieß es Blut und Wasser schwitzen, um das Emblem nicht zu zerstören!

Tank2.jpg
Spiegelhalter1.jpg

Die Originalspiegel zeigten immer den perfekten Blick auf den Bizeps. Den Verkehr hinter dem Motorrad musste man ja auch nicht sehen, weil man sowieso der Schnellste war. Als aber dann die Porsches und BMWs aufholten, wurden neue Spiegel fällig, mit denen man beobachten konnte, was die Kameraden hinter einem so trieben. Natürlich passte das Lochbild zur Befestigung nicht mit dem alten überein.

 

Im Laufe der Jahre wurde der Kunststoff der 'neuen' Spiegel brüchig und sie mussten ersetzt werden (natürlich mit anderem Lochbild).

 

Ein Sturz erforderte einen Satz neuer Spiegel - und man ahnt es schon, sie hatten wieder ein anderes Lochbild.

 

Die alten Löcher wurden jedes Mal gewissenhaft mit schwarzem Isolierband abgedeckt. Merkt ja keiner! 

Doch jetzt war Schluss mit all den Löchern. Addio per sempre! (dt.: auf Nimmerwiedersehen)

Spiegelhalter2.jpg
Seitendeckel1.jpg

An den Seitendeckel waren die Spuren der Zeit ebenfalls deutlich zu sehen. 

Seitendeckel2.jpg
Seite1.jpg

Auf diesen beiden Bildern sind die allgemeinen Abnutzungsspuren und die Aufarbeitung ziemlich gut zu erkennen.

 

Verbeulte Bleche wurden begradigt, krumme Halter zurechtgebogen, alte Schrauben ersetzt, Emblems aufgearbeitet, der Sitzgurt aufgefrischt, Gummis erneuert, Rost entfernt, Alu poliert, Schläuche, Zündkerzen, Stecker und Ansaugtrichter ersetzt und anschließend alles schön lackiert.

Seite2.jpg
Lichtmaschine1.jpg

Man muss ja schon zugeben, dass hier und da ein wenig Korrosion zu sehen war. Wie an einer uralten Baumaschine. Das ist aber okay, solange die Substanz gut ist. Und das ist sie. Alles ist massiv und robust und ließ sich gut wiederherstellen. Schließlich wurde der Motor ursprünglich als Betonmischer entworfen. (Stimmt gar nicht. Das ist ein Gerücht!)

 

Wahrscheinlich hätte das Material noch weitere 45 Jahre durchgehalten. Ich glaube aber, dass ich keine Lust mehr hätte, die Maschine zu restaurieren wenn ich 100 Jahre alt bin.

In diesem Alter werde ich lieber fahren wollen!

Lichtmaschine2.jpg
Krümmer1.jpg

Tja Leute, so kann funktionierende Technik aussehen!

Muss sie aber nicht. Das kann man auch in schön haben.

Krümmer2.jpg
Kästchen1.jpg

Der Zweck dieser ominösen Plastikabdeckung über dem Anlasser war mir immer in Rätsel. Dabei ist sie sehr anhänglich. Sie wird nur aufgesteckt  und trotzdem habe ich sie nie verloren.

Die silberne Farbe war auch nicht das Gelbe vom Ei.

 

Das Gelbe vom Ei ist schwarz!

Kästchen2.jpg
First the primer and paint have to be baked...

Die Erben der Guzzi sitzen schon mal Probe und freuen sich über das schöne Motorrad!

bottom of page